Vorranging Tassen stellt die Berliner Firma Kaffeeform seit 2015 aus Kaffeesatz ansässiger Cafés und Partnern her – abgeholt wird das Abfallprodukt von einem Fahrradkollektiv, die Produkte werden hergestellt in Zusammenarbeit mit Werkstätten und kleinen Unternehmen in Berlin und Deutschland.
Diese Espressotasse stammt aus dem Anfangsjahr des Unternehmens und ist mittlerweile gar nicht mehr so leicht zu haben, da sie vom Hersteller selbst nicht mehr vertrieben wird. Bestechend bei den Produkten der Firma Kaffeeform ist ihr Ansatz, aus vermeintlichem Abfall etwas Neues und Beständiges zu schaffen und dabei den gesamten Prozess umweltfreundlich und fair zu gestalten. Der Kaffeesatz wird mit recycelten Holzfasern und einem Biopolymer – also einem Kunststoff, der in Pflanzen vorkommt – kombiniert und in die gewünschte Form gepresst. Das Endprodukt ist robust und sogar spülmaschinengeeignet. Kompostierbar ist das Material jedoch nicht, denn die Produkte sind für den langlebigen Gebrauch gedacht. Aktuell kann die Entsorgung nur über den Hausmüll erfolgen. Allerdings wird an einem Rückführsystem gearbeitet, um das Material erneut für die Produktion nutzen zu können.
2016 wurde diese Espressotasse Teil der Materialkiste „Gute und nützliche Dinge aus nachhaltigen Werkstoffen“, die im Rahmen der Ausstellung „Object Lessons“ zusammengestellt wurde. Die Werkbundkiste „Schönes Gerät aus Kunststoff“ diente dabei als Vorbild und Gegenüberstellung. Als Teil seines Programms zur Verbesserung der Produktqualität und Geschmackserziehung entwickelte der Deutsche Werkbund in den 1950er und 60er Jahren die sogenannten Anschauungskisten, auch Werkbundkisten, die als Lehrmittel für den Kunst- und Werkunterricht an Schulen ausgeliehen wurden. Während damals vor allem langlebiges, wertiges Material und eine „Gute Form“ – eine funktionelle, sachliche und trotzdem ästhetische Gestaltung – bei der Auswahl der Objekte ausschlaggebend waren, rücken bei dem Neuentwurf Materialzusammensetzung und -herstellung in den Fokus. Auf das nach gegenwärtigen Maßstäben vermeintlich ideale – da in ökologischer, ökonomischer und sozialer Hinsicht nachhaltige – Produkt wird ein kritischer Blick geworfen. Dass bei dieser Tasse aus Kaffeesatz die genaue Zusammensetzung des biologisch nicht abbaubaren Kunststoffs vom Hersteller nicht preisgegeben wird und Konsument*innen somit auf dessen Werbetexte als Informationsquelle angewiesen sind, wird insbesondere problematisiert.