Die Ausstellung beleuchtet eines der Hauptthemen des Deutschen Werkbunds: Die Frage nach dem richtigen Wohnen. Was ist schön und was ist Kitsch? Diese Frage beantwortete der Werkbund jahrzehntelang mit einem ausgeprägten Sendungsbewusstsein. Bis weit in die 1960er Jahre verstand er sich als pädagogische Instanz in Geschmacksfragen.
Die polarisierende Didaktik der Werkbundargumentation aufgreifend zeigt die Ausstellung sowohl die vom Werkbund propagierte „gute Form“ als auch die „bösen Dinge“, die er ablehnte.
Die richtige Wohnung sollte unprätentiös und funktional sein. Der Werkbund entrümpelte die überladenen Interieurs und baute Gartenstädte und Siedlungen mit „Licht, Luft und Sonne“. Das „Deutsche Warenbuch“ versammelte Qualitätsware, mit der die neuen Wohnungen zweckmäßig eingerichtet werden konnten. In den 1920er Jahren wurden Wohnkonzepte entwickelt, in denen sich die Visionen neuer Gesellschaftsmodelle widerspiegelten. Das nationalsozialistische Regime bereitete solchen Visionen ein Ende. 1934 wurde der Werkbund gleichgeschaltet, 1938 aufgelöst. Im Amt „Schönheit der Arbeit“ lebte Werkbundgestaltung jedoch als „gute deutsche Form“ weiter. Ehemalige Werkbundmitglieder stellten eine „Deutsche Warenkunde“ zusammen.
Nach 1945 wurde der Werkbund neu gegründet. Die Kriegszerstörungen wurden geradezu als eine Chance betrachtet, die vor dem Krieg formulierten Maximen einer neuen Wohn- und Produktkultur durchsetzen zu können. Die Realität sah anders aus: Der Deutschen liebstes Kind war nach wie vor die wuchtige „komplette“ Möbelgarnitur im Stil des Gelsenkirchener Barock. Nierentischchen, Tütenlampen und all die anderen farbenfrohen, asymmetrischen und organisch inspirierten Wohnaccessoires zeugten von neuem Wohlstand und der Sehnsucht nach einem unbeschwerten Leben.
Diesem „Ungeschmack“ wurde neuerlich der Kampf angesagt. Der Werkbund legte Produktsammlungen an und organisierte Ausstellungen. Wieder richtete er Musterwohnungen ein, er publizierte zum Thema Bauen, Wohnen und Einrichten und gab eine weitere „Deutsche Warenkunde“ heraus. Der Werkbund lobte Möbeldesign-Wettbewerbe aus, in seinen Wohnberatungsstellen konnten Interessierte „richtig wohnen lernen“ und er schickte so genannte Werkbundkisten in die Schulen.
Noch einmal glaubte der Werkbund daran, über die Gestaltung des Lebensumfelds Einfluss auf die Lebensführung der Menschen nehmen zu können. Die „gute Form“ wurde zum Sinnbild für eine bessere Gesellschaft.
Um 1968 wurden die „Geschmackserziehungsfeldzüge“ (Gert Selle) auch in den eigenen Reihen kritisch hinterfragt. Ab jetzt sah sich der Werkbund mehr als Impulsgeber, der die Menschen dazu anstiftete, auch alternatives Wohnen zu erproben und an den Prozessen des Wohnungsbaus und der Städteplanung zu partizipieren.
Kernstationen der Ausstellung mit Leitobjekten
Gutes und Böses in der Wohnung Teil I
- Historistisches Möbelensemble und Porzellan versus Riemerschmids Schlafzimmer aus dem Maschinenmöbelprogramm II der Dresdener Werkstätten Hellerau und Stuhlsammlung aus verschiedenen Werkstätten.
Ein Reiseführer durch die Warenwelt
- Deutsches Warenbuch mit Objektbeispielen
Die Neue Wohnung
- Universalküchenschrank der Firma Haarer Frankfurt, Stahlrohrmöbel, Publikationen
- Filme zum Neuen Bauen und Wohnen, zur Frankfurter Küche
Werkbundgestaltung zwischen 1933 und 1945
- Volksempfänger und Deutsche Warenkunde (1939 bis 1942) mit Objektbeispielen (Hausrat und Stühle)
So viel Anfang war nie
- Erste Ausstellungen zum Thema Wohnen und Einrichten nach 1945: Plakate und Stühle. Möbelmodelle aus den Kunststoffhäusern der Ausstellung „Berlin plant. Erster Bericht, Berlin 1946“, (Nachbau nach Originalplänen)
Gutes und Böses in der Wohnung Teil II: modern versus modisch
- Musterwohnungen Herbert Hirches auf der Interbau 1957
- weiteres Werkbund-Mobiliar und Geräte der Firma Braun versus Nierentisch und Tütenlampe
- Gelsenkirchener Barock im Puppenstubenformat
- Radio-, Phono-, Fernsehkombination „Komet“ der Firma Kuba, 1957 versus HF 1 der Firma Braun, 1958.
Wohnberatungen
- Beratungs-Baukasten der Berliner Wohnberatungsstelle und Deutsche Warenkunde (1956 bis 1961) mit Objektbeispielen „guter Form“ und 1950er Jahre Nippes als Gegenbild
Das ABC der Guten Form
- Werkbundkisten des Badischen Landesmuseums Karlsruhe für Schulen (Die Vase, Der Frühstückstisch, Moderne Sitzmöbel)
- Präsentionsfotos zu den Berliner Werkbundkisten
Neue Impulse – „Bewohnerberatung“ statt „Wohnberatung“
- Werkbund-Publikationen
Die Ausstellung ist an jeweils andere örtliche Gegebenheiten anzupassen. Für nähere Informationen zu den Modalitäten wenden Sie sich bitte an:
Imke Volkers
volkeres|at|museumderdinge.de