Die Ausstellung „die frühen jahre. mart stam, das institut und die sammlung industrielle gestaltung“ widmet sich der Aufbruchsphase der industriellen Gestaltungskultur in der DDR und insbesondere dem dortigen Engagement des niederländischen Architekten Mart Stam für eine konsequente Modernisierung der Produktwelt.
Das von Stam 1950 an der Hochschule für angewandte Kunst in Berlin-Weißensee gegründete Institut für industrielle Gestaltung prägte das ostdeutsche Design nachhaltig. Alltagsgegenstände sollten sowohl funktionsgerecht gestaltet, industriell herstellbar sowie von hoher Qualität sein. Die Ansätze Mart Stams und seines Kreises bestechen dabei durch eine an der funktionalistischen Tradition orientierte Klarheit.
Das kurzzeitige, jedoch nachhaltige Wirken Mart Stams an der Berliner Hochschule stand unter ungünstigen Vorzeichen. Seitens der SED-gelenkten Kulturpolitik der DDR sah sich Stam – als Verfechter der modernen Form in der Bauhaus-Tradition – schon bald mit dem Vorwurf des „Formalismus“ konfrontiert. Mitte 1952 wurde er seines Postens als Institutsleiter enthoben und verließ kurze Zeit später die DDR.
Die Einrichtung wurde im selben Jahr unbenannt in Institut für angewandte Kunst und darauf ausgerichtet, den verordneten Prinzipien der so genannten „nationalen Tradition“ zu folgen und vorrangig kunsthandwerkliche Arbeiten mit Dekorschmuck zu propagieren und zu fördern. Die von Stam und seinen Kolleg*innen angestoßene Entwicklung moderner serieller Industrieerzeugnisse war aber nicht rückgängig zu machen, Ende der 1950er Jahre rückte die industrielle Gestaltung wieder ins Zentrum des kulturpolitischen Interesses.
Erstmals in diesem Umfang und thematischen Kontext zeigt die Ausstellung kaum bekannte Entwurfszeichnungen, Modelle und Produkte aus jener Aufbruchsphase des ostdeutschen Designs: Entwürfe für verschiedene Produkte aus Steingut, Porzellan und Glas, Leuchten, Spielmittel und andere Haushaltsgegenstände, darunter Originalskizzen von Mart Stam und dessen Mitarbeiter*innen am Institut wie Marianne Brandt und Max Gebhard. Das Umfeld, der zeitliche Kontext und die Verflechtungen des Instituts für industrielle Gestaltung mit der Hochschule für angewandte Kunst in Berlin-Weißensee werden sichtbar gemacht mit Objekten von Architekt*innen und Gestalter*innen wie Selman Selmanagić, Rudolf Vogenauer, Margarete Jahny sowie mit Dokumenten zum Bau der Stalinallee.
Ausstellungsansichten
Am Donnerstag, den 22. Juli um 18 Uhr findet eine Führung der projektleitenden Kuratorin Prof. Cornelia Hentschel durch die Sonderausstellung statt. Weitere Führungstermine sind der 29. Juli sowie der 5. und 19. August um 18 Uhr. Die Teilnehmer*innenzahl ist auf zwölf Personen begrenzt. Wir bitten um vorherige Anmeldung unter info@museumderdinge.de. Es gelten die aktuellen Hygienemaßnahmen.
Begleitend zur Ausstellung erscheint anlässlich des 30. Jubiläums der Stiftung Industrie- und Alltagskultur eine gleichnamige Publikation. Diese liefert in Beiträgen, Dokumenten, Interviews und Abbildungen kaum bekanntes Material zum Leben und engagierten Wirken Mart Stams – von seinem Aufenthalt in der UdSSR von 1930 bis 1934 bis hin zur Zeit in der SBZ/DDR. Verdeutlicht werden die konfliktreichen kulturpolitischen Verhältnisse und das Nebeneinander von modernen und weniger modernen Gestaltungstendenzen auf dem Gebiet der Industrieformgebung. Die Publikation wird vom Lukas Verlag (ISBN 978-3-86732-377-2, Preis 36,– €) verlegt und ist über die Stiftung Industrie- und Alltagskultur, das Werkbundarchiv – Museum der Dinge sowie im Buchhandel erhältlich.
Das Kooperationsprojekt mit der Stiftung Industrie- und Alltagskultur wird vom Hauptstadtkulturfonds gefördert.