Diese Warenkunde mit dem Titel „Form und Dekor“ ist ein Katalog mit ausgewählten und als mustergültig deklarierten Produkten aus der DDR der späten 1950er Jahre.
Sie basiert auf früheren Warenkunden, die in Deutschland erschienen sind und die der vom Deutschen Werkbund intensiv betriebenen Konsument*innenerziehung dienten. Die erste Warenkunde in diesem Kontext erschien 1915 unter dem Titel Deutsches Warenbuch und wurde vom Deutschen Werkbund zusammen mit dem Dürerbund herausgegeben. In den 1920er und 1930er Jahren erschienen diverse Konsument*innenratgeber zur Wohnungseinrichtung, die ähnliche Ziele verfolgten.
Während des Nationalsozialismus erschien von 1937-1942 eine Warenkunde als wachsende Loseblattsammlung, die von Werkbund-Protagonisten bearbeitet und vom Evangelischen Kunstdienst herausgegeben wurde.
Nach dem Zweiten Weltkrieg erschienen dann in Ost- wie in Westdeutschland neue Warenkunden – Kataloge der jeweils aktuellen und als qualitätsvoll eingestuften Erzeugnisse: im Osten unter dem Titel „Form und Dekor“ und im Westen als „Deutsche Warenkunde“. Bei beiden wurde die Struktur der Vorgängerpublikation aus der NS-Zeit ungebrochen übernommen und auch die Art, die deutschen Produkte mit ihren Qualitätsmerkmalen zu beschreiben, wurde in ähnlicher Weise beibehalten. Lediglich die Vorworte wurden angepasst.
Nach dem Zweiten Weltkrieg erschien vielen der von Werkbund und Bauhaus geprägten Gestalter*innen im noch nicht geteilten Deutschland die Herausgabe eines neuen Warenbuches als gute und bereits bewährte Möglichkeit, um Qualitätsstandards beim Wiederaufbau der kriegszerstörten Städte durchzusetzen. Die Versorgung der Bevölkerung mit Wohnungen und Möbeln sowie anderen Produkten des alltäglichen Bedarfes war das vorrangige Ziel.
In den beiden Warenkunden und den diese begleitenden Diskussionen spiegelt sich die deutsch-deutsche Designgeschichte der Nachkriegsmoderne im Zusammenhang mit der zunehmenden Ost-West-Konfrontation. Die Design-Entwicklung in der frühen DDR ist noch bis zum 30. August in unserer aktuellen Sonderausstellung „die frühen jahre. mart stam, das institut und die sammlung industrielle gestaltung“ zu sehen.