Lilly Reich

16.06.1885 – 14.12.1947

Lilly Reich wird am 16. Juni 1885 in Berlin geboren. Nach dem Abitur macht sie eine Lehre als Kurbelstickerin, geht 1908 nach Wien und arbeitet dort bei den Wiener Werkstätten. 1911 kehrt sie nach Berlin zurück und tritt ein Jahr darauf dem Deutschen Werkbund bei, in dessen Vorstand sie 1920 als erste Frau gewählt wird. Nach einigen Jahren als Innenraumgestalterin und Modedesignerin in Berlin und Frankfurt/M. lernt sie 1926 Ludwig Mies van der Rohe kennen und arbeitet in seinem Büro. Mit ihm organisiert Lilly Reich 1927 die Werkbund-Ausstellung Die Wohnung in Stuttgart/Weißenhof und 1931 die Deutsche Bau-Ausstellung in Berlin. Danach arbeitet sie für ein Jahr als Assistentin Mies van der Rohes am Bauhaus, verliert aber durch die Schließung des Bauhauses ihre Stelle wieder. In der Zeit des Nationalsozialismus erhält sie nur noch wenige kleine Aufträge. Nach Kriegsende versucht Lilly Reich beruflich wieder Fuß zu fassen, stirbt aber bereits zwei Jahre später am 14. Dezember 1947 in Berlin.


Nach ihrer Rückkehr aus Wien entwirft Lilly Reich ihre ersten Möbel und Zimmereinrichtungen, die durch ihre Geradlinigkeit und Klarheit auffallen, und arbeitet als Schaufensterdekorateurin. 1912 zeigt sie im Berliner Gewerkschaftshaus eine Musterwohnung für Arbeiter, die die Jury wegen ihrer Einfachheit und Zweckmäßigkeit beeindruckt. Zwei Jahre später, auf der Werkbund-Ausstellung in Köln, ist sie mit einem Schaufenstergang und einem kleinen Wohnraum vertreten. Dies wird vorerst Reichs letzte größere Arbeit sein, da sie der Ausbruch des ersten Weltkriegs an der beruflichen Weiterarbeit hindert und sie sich auf Schneiderarbeiten verlegen muss. 1924 zieht sie nach Frankfurt/M., wo sie beim Messeamt als Ausstellungsgestalterin arbeitet und Mies van der Rohe kennen lernt. Dieser stellt sie in seinem Büro ein und überträgt ihr organisatorische Arbeiten für die Werkbund-Ausstellung Die Wohnung 1927 in Stuttgart/Weißenhof. Außerdem entwirft sie für die Ausstellung mehrere Inneneinrichtungen wie z.B. den Wohnraum in Spiegelglas zusammen mit Mies. Der Erfolg von Stuttgart verhilft Lilly Reich zu einer weiteren Aufgabe: Sie übernimmt die künstlerische Leitung für die deutsche Präsentation auf der Weltausstellung in Barcelona 1929, wo Mies van der Rohe den berühmten deutschen Pavillon zeigt. Auch an der Deutschen Bau-Ausstellung 1931 in Berlin ist sie beteiligt und richtet zwei Wohnungen im Boardinghaus ein, entwirft ein Erdgeschosshaus und gestaltet die Materialienschau. Ein Jahr darauf wird sie von Mies an das Bauhaus in Dessau berufen, wo sie allerdings bereits nach einem Jahr vom Berliner Magistrat wieder entlassen wird. Die folgenden Jahre schlägt sich Lilly Reich mit kleinen Aufträgen durch, so z.B. dem Kinderzimmer für Wolf in Guben oder der Inneneinrichtung für Dr. Schäppi in Berlin. Nach dem Krieg beteiligt sie sich an der Neugründung des Deutschen Werkbundes in Berlin und leitete den Arbeitskreis „Industrielle und handwerkliche Produktion. Normung, Typisierung, Warenbuch“.


Literatur

Sonja Günther: Lilly Reich 1885-1947. Innenarchitektin, Designerin, Ausstellungsgestalterin. Stuttgart 1988