Richard Riemerschmid wird am 20. Juni 1868 in München geboren. Nachdem er 1886 bis 1887 seinen Militärdienst geleistet hat, studiert er bis 1890 an der Akademie der bildenden Künste. Danach lebt er als freier Kunstmaler in München. Riemerschmid schließt sich der antihistorischen Künstlerbewegung an und schreibt bei der Zeitschrift Jugend mit. Beeinflusst von der englischen Arts and Crafts – Bewegung ist er 1898 Mitbegründer der Vereinigten Werkstätten für Kunst im Handwerk in München und gestaltet seine ersten Inneneinrichtungen. 1902 ist er Mitbegründer der Deutschen Gartenstadtgesellschaft und 1907 des Deutschen Werkbundes. Von 1907 bis 1913 leitet er die Gesamtplanung der ersten deutschen Gartenstadt in Hellerau bei Dresden. Ab 1913 ist Riemerschmid Direktor der Kunstgewerbeschule in München, von 1926 bis 1931 Leiter der Kölner Werkschulen. Richard Riemerschmid stirbt am 13. April 1957 in München.
Gilt Riemerschmids Interesse als Maler dem Spätimpressionismus und dem Pointilismus, so ist er als Innenausstatter, Möbelentwerfer und Architekt einer der wichtigsten Vertreter des deutschen Jugendstils. Zu den bekanntesten Werken aus dieser Zeit gehören der Musiksalon auf der deutschen Kunstausstellung in Dresden 1899, das Schauspielhaus in München 1900/1901 und die Räume auf der Ausstellung der Dresdener Werkstätten 1903. Als sozial eingestellter Reformer interessiert er sich zunehmend für Fragen der maschinellen Produktion und der Herstellung von preisgünstigen Produkten, was ihn nach der Kunstgewerbe-Ausstellung in Dresden von 1906 auch dazu bewegt, den Deutschen Werkbund mitzubegründen, dessen Vorsitzender er von 1921 bis 1926 sein wird. Ebenfalls 1907 übernimmt er die Gesamtplanung der ersten deutschen Gartenstadt Hellerau bei Dresden, bei der auch Hermann Muthesius und Heinrich Tessenow mitwirken und die Vorbild für zahlreiche ähnliche Projekte in Deutschland wird. Ab 1909 ist er zudem am Bau der Gartenstadt Nürnberg beteiligt. Riemerschmid wird 1913 zum Direktor der Kunstgewerbeschule München ernannt und 1926 zum Leiter der Kölner Werkschulen, wo er bis 1931 eine Lehrstelle bekleidet. Weitere Bauten wie die Luftfahrthalle in München (1925), das Funkhaus Deutsche Stunde in Bayern (1927) und der Pavillon für den Verlag Reckendorf auf der Pressa-Ausstellung (1928) entstehen.
Mit seinen Möbeln und Inneneinrichtungen aus der Jugendstilzeit ebensowie mit seinen Gartenstadtprojekten hat Riemerschmid die Gestaltung der deutschen Wohn- und Lebenswelt in den ersten Jahrzehnten des 20. Jh. entscheidend mitgeprägt und auf einer Erneuerung in den Bereichen Architektur, Design und Innenausstattung hingewirkt.
Literatur
Deutscher Werkbund und Werkbund-Archiv (Hrsg.): Die Zwanziger Jahre des Deutschen Werkbunds. Giessen 1982
Winfried Nerdinger (Hrsg.): Richard Riemerschmid. Vom Jugendstil zum Werkbund. Werke und Dokumente. München 1982
Walter Riezler: Richard Riemerschmid zum Gedächtnis. Sonderdruck. Kassel 1960
Heinz Thiersch (Hrsg.): Wir fingen einfach an. Arbeiten und Aufsätze von Freunden und Schülern um Richard Riemerschmid. München 1953