Modell eines Kernkraftwerks

Dieser Ausschneidebogen für ein Kernkraftwerkmodell mit Druckwasserreaktor im Maßstab 1:350 wurde 1983 von der Kraftwerk Union AG hergestellt, die 1969 von Siemens und der AEG gegründet wurde.

Auf der Rückseite der Packung sind Sticker zu sehen, die bspw. den Anti-Atomkraft-Sticker „Atomkraft? Nein danke“ aus den 1970er Jahren durch den Slogan „Kernkraft? Na klar“ ins Positive umkehren, oder Kohle als „sichere Energieversorgung“ anpreisen.

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Modell eines KWU-Kernkraftwerkes mit Druckwasserreaktor, Ausschneidebogen, Maßstab 1:350, Kraftwerk Union AG, Mülheim an der Ruhr, 1983 © Copyright 1983 by Kraftwerk Union AG, Sammlung Werkbundarchiv – Museum der Dinge, Foto: Armin Herrmann

Bereits im 19. Jahrhundert gab es eine Reihe an Vorläufern solcher Spielzeuge: Modelle wurden damals nicht nur von Dampfmaschinen angefertigt, sondern auch von Eisenbahnen, später auch von ganzen Fabrik-Anlagen oder in der NS-Zeit von den Reichs-Autobahnen.

Diese Objekte wurden genderspezifisch vermarktet und an Kinder verschenkt – Technik-Spielzeug, ebenso wie Zinnsoldaten oder Kriegsgerät, an Jungen, Puppen dagegen an Mädchen. So sollten die Kinder auf die späteren Berufe, die je nach (sozialem) Geschlecht vorgesehen waren, vorbereitet werden, z.B. Ingenieur. Die Dinge selbst sind jedoch in dieser Hinsicht neutral bzw. ambivalent. Es sind erst die Erwachsenen, die sie mit gender-spezifischen Bedeutungen versehen mit dem Ziel, dass die neue Generation diese erlernt und wiederum an ihre eigenen Kinder weitergibt.

Hier wird deutlich, dass Spielzeug stets ein Spiegel nicht nur des technischen Entwicklungsstands einer Gesellschaft ist, sondern auch von deren Strukturen und Weltbildern.

Das Kernkraftwerk-Modell, das machen die Sticker deutlich, geht jedoch über die geschlechterspezifische Beeinflussung Heranwachsender hinaus. Es sollte, drei Jahre vor der Katastrophe von Tschernobyl, eine bestimmte Technologie gegenüber Kindern als sicher darstellen, die bereits von der jungen Anti-Atomkraft-Bewegung reichlich Gegenwind erfuhr.