Dieser „Tücherhalter“ hilft bei der platzsparenden Ordnung und Übersicht von Schals und Tüchern im Kleiderschrank.
Er ist nur ein Modell aus der großen Palette an unterschiedlichen Kleiderbügeln, die mittlerweile auf dem Markt zu finden sind – Krawattenhalter, Formbügel, Hosenbügel, Huthalter, Mehrfach-Rock-Bügel, Schalhalter, Multibügel, Gürtelhänger u.v.m.
Kleiderbügel werden erst mit dem Besitz vieler Kleidungsstücke gebraucht. Als Objekt speziell der industriellen Epoche sagt er also viel über das Kernthema unseres Museums aus, der industriellen Produktkultur.
Die ersten Kleiderbügel wurden für gesellschaftliche Eliten geschaffen: Klerus und Adel nutzten ihn für die faltenfreie Aufbewahrung kostbaren Ornats oder anderer Festgewänder, das Militär besaß Spezialbügel etwa für die Schulterstücke seiner Uniformen. Erst mit der Industrialisierung, die bekanntlich ihren Ursprung in der maschinellen Textilproduktion hatte, bzw. dem Aufkommen einer breiten Konsumkultur im Zuge der immer preiswerter werdenden Waren im 19. und 20. Jahrhundert, begann sich der Kreis der Konsument*innen dieses Ordnungsdings zu erweitern. Bis dahin hatten die meisten Menschen schlicht nicht genügend Dinge besessen, um sich dafür spezielle Ordnungen ausdenken zu müssen.
Darin, dass der Bügel erst in dieser Zeit sein Nischendasein hinter sich lässt, ist er freilich nicht allein: auch Aktenordner, Stempelhalter, Stifteköcher oder Buchstützen werden erst im Zeitalter des Massenbesitzes notwendig. Gleichzeitig – darauf spielt der doppeldeutige Titel unserer Sonderausstellung „DINGE ORDNEN“ an – ist all diesen Objekten gemein, dass sie zwar vom Menschen zum Ordnen seiner Dinge erfunden wurden, gleichzeitig aber auch den Menschen durch seine Form wiederum selbst zur Ordnung disziplinieren. Um in der Fülle der Besitztümer nicht unterzugehen, ist sogar eine Ordnung dieser Ordnungssysteme notwendig, also das Aufräumen.
Der „Tücherhalter“ ist als Teil einer Sammlung von Spezialbügeln das „Ordnungsding der Stunde“ innerhalb der aktuellen Sonderausstellung „DINGE ORDNEN„, die noch bis zum 31. Oktober 2022 zu sehen ist.