Das Werkbundarchiv – Museum der Dinge zeigt in der Sonderausstellung „Sehwaisen“ Arbeiten der Schweizer Künstlerin Gabriele Rérat (1960-2010), die aus Fundobjekten entstanden sind und die in ihrer kritisch-ironischen Haltung vielerlei Bezüge zum Museum und seinen Sammlungsobjekten aufweisen.
Abseits der früheren Gebrauchszusammenhänge richtet sich Rérats Blick auf das ästhetische Potential und die poetische Natur der Dinge. In ihren Assemblagen und ungewöhnlichen Objektarrangements findet sie neue Bedeutungen für die Objekte vergangener Alltage.
Geprägt durch einen Berliner Studienaufenthalt in den späten 1980er Jahren sind banale alltägliche Dinge für Rérats künstlerische Arbeit zum Vokabular und zu ihrem zentralen Ausdrucksmittel geworden. Die von ihr verwendeten Fundstücke sind als „Seh-Waisen“ zu verstehen, d.h. als verwaiste Dinge, denen die Künstlerin mit ihrer spezifischen Sicht einen neuen Seinszustand verschafft hat.
In ihren Objektkonstellationen fragt Rérat nicht, „wozu hat das gedient?“ sondern „wozu kann das werden?“ Darüber hinaus hat die Künstlerin ihre Objekte auch als Verweis auf soziale und politische Themen verstanden, so z.B. in den Arbeiten „Olympiade@home“ (2006) oder „Burka Blue“ (2008).
Der fremde Blick auf die Dinge, den Künstlerinnen und Künstler einbringen, ruft andere Erkenntnisse hervor als die wissenschaftliche Auseinandersetzung und wird vom Werkbundarchiv – Museum der Dinge als produktiver Faktor verstanden und eingesetzt.
In der Ausstellung „Sehwaisen“ werden ca. 30 Objekte, Wand- und Bodenarbeiten auf der Sonderausstellungsfläche des Museums präsentiert. Sie steht in enger Korrespondenz zur vorhandenen Dauerausstellung, in der die Museumssammlung zur Produktkultur des 20. und 21. Jahrhunderts in einem „Offenen Depot“ gezeigt wird. Es wird ein direkter Vergleich zwischen der wissenschaftlich-musealen und der künstlerischen Sicht auf die Alltagsdinge für die Besucher in einer offenen Weise angeregt.
Die Ausstellung wird im Rahmen des Jour fixe am 1. Februar 2016 um 19 Uhr abgeschlossen mit einem Rundgang mit den Gestalterinnen Cornelia Staffelbach und Annika von Oppeln sowie einem anschließenden informellen Gespräch mit den MuseumsmitarbeiterInnen. Das Thema ist die Einbeziehung künstlerischer Arbeiten in einem kulturhistorischen Museum. Als Gast begrüßen wir den Leiter des Museums Neukölln, Udo Gösswald.