Superfest-Stapelgläser

Das Zauberwort lautet: Ionenaustausch.

Natriumionen werden durch Kaliumionen ersetzt. Was das bedeutet? Superfest! Extrem dünnwandige, leichte, stapelbare und vor allem bruchfeste Gläser. Der Ionenaustausch erhöht die Druckspannung in der Glasoberfläche und damit die Festigkeit sowie die Lebensdauer um das Fünffache. Entwickelt wurde das Verfahren in der Abteilung Glasstrukturforschung des Zentralinstituts für organische Chemie in Berlin-Adlershof und 1977 von Dieter Patzig als „Verfahren und Vorrichtung zur Verfestigung von Glaserzeugnissen durch Ionentausch“ patentiert. Vom Herstellungsprozess leitete sich der anfängliche Name der Gläser ab: CE(chemisch)VER(verfestigt)IT.

Inspiriert von Margarete Jahny und Erich Müllers Gestaltung der sogenannten Wirtegläser der 1970er, wurden die vom Gestalterkollektiv Paul Bittner, Fritz Keuchel und Tilo Poitz entworfenen und 1983 mit der Goldmedaille für gutes Design auf der Leipziger Frühjahrsmesse ausgezeichneten Gläser ab 1980 im VEB Sachsenglas Schwepnitz produziert. Das nach und nach u.a. um Schnapsgläser, Eisbecher und Vasen erweiterte und in Superfest umbenannte Sortiment wurde für die Gastronomie entwickelt und entsprach der Produktphilosophie des Ostens: praktisch, langlebig, ressourcenschonend. Für die auf Nachfrage ausgelegte Marktwirtschaft des Westens waren Gläser, die kaum kaputt gehen, vielleicht sogar zu nachhaltig – die Industrieanlage in der Oberlausitz wurde 1991 im Rahmen der „Gesamtvollstreckung“ stillgesetzt.

Einige der Superfest-Gläser haben jedoch bis heute überlebt. Nicht nur in ostdeutschen Gaststätten, sondern auch in der Sammlung des Museum Utopie und Alltag in Eisenhüttenstadt und sind noch bis zum 07. Februar 2022 in unserer aktuellen Sonderausstellung „Alltag formen! Bauhaus-Moderne in der DDR“ zu sehen.