Schütten

Die Architektin Margarete Schütte-Lihotzky wollte, dass ihre „Frankfurter Küche“ „wie eine Apotheke“ eingerichtet sei, „wo jedes Fläschchen und jede Kleinigkeit sein ganz besonderes Gefach oder seinen ganz bestimmten Platz hat, mit genauer Aufschrift (…).“

Ein wichtiger Bestandteil dieser Vision waren die „Schütten“. Diese Mischform von Schublade und Kanne, von Aufbewahrung und Dosierung wurde von den Küchenexpert*innen Anni und Otto Haarer entwickelt. Die Schütten sollten nicht nur als industrielles Massenprodukt schnell und leicht herzustellen sein, sondern auch in ihrer Bedienung Vorteile bieten. Der umgedrehte Handgriff ist ergonomischer als die geläufigere Variante, das Hantieren mit größeren Mengen so bequemer.

Die „genaue Aufschrift“ der Schütten sollte ihre Handhabung zusätzlich erleichtern – die Auswahl reichte hier von Puddingpulver und Maccaroni über Paniermehl und Rosinen.

Inspiriert von Speisewagenküchen mit ihrem platz- und arbeitssparenden Aufbau ist die 1926 im Rahmen des Stadtplanungsprogramms „Neues Frankfurt“ entworfene „Frankfurter Küche“ ein Paradebeispiel für modernes, rational geplantes Wohnen.

Doch auch die detaillierteste Planung hat ihre blinden Flecken. So war bei der Konzeption der Küche nicht bedacht worden, dass die in Bodennähe angebrachten Schütten wie eine Einladung an Kinder wirkte, die Schütten herauszuziehen und auszuleeren. In den Folgemodellen zogen die Schütten deshalb oberhalb des Topfschranks und damit außerhalb kindlicher Reichweite.

Nicht nur die einzelnen Schütten, sondern die gesamte „Frankfurter Küche“ aus der Sammlung des Museums muss im November aufgrund der Kündigung des Mietvertrags von Kreuzberg in neue Räumlichkeiten nach Mitte umziehen. Das Museum sammelt Spenden, um diesen Umzug mit restauratorischer Begleitung zu finanzieren.

Bis zur Schließung des Museums am Kreuzberger Standort am 5. November können die Schütten noch in ihrer natürlichen Umgebung beobachtet werden.